“1881 erschien in Berlin das erste „Verzeichniss der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten“ mit 185 Einträgen. Im Berliner Volksmund wurde das erste Telefonbuch Deutschlands auch „Buch der 99 Narren“ genannt, weil dem Mann auf der Straße die ersten deutschen Teilnehmer leidtaten, die auf diesen „Schwindel aus Amerika“ hereingefallen waren.

Durch seine Auslieferung als “Amtliches Fernsprechbuch” an alle Fernsprechteilnehmer erreichte es in den 70er Jahren eine massenhafte Verbreitung in deutschen Haushalten. Inhaber eines Telefonanschlusses erhielten bei Neuerscheinen eine Benachrichtigungskarte. Mit dieser ging man zu einer Ausgabestelle, wo man die Karte gegen die neue Ausgabe des Telefonbuches eintauschte.

In Berlin war das immer recht mühsam, da das Paket aus Telefonbuch und Gelben Seiten hier in den 90er Jahren aus fünf dicken Bänden bestand. Irgendwann gab es dann eine CD-ROM zur gedruckten Ausgabe dazu, auf der all diese Angaben enthalten waren. Aber zunächst war man mit dem gewohnten Blättern im Buch oft noch schneller. Die Entwicklung einer anwendungsfreundlichen Suchfunktion brauchte ihre Zeit. Irgendwann war sie aber geschaffen und ich benutzte nur noch die elektronische Suche am PC. Als es die Möglichkeit gab, nur die CD allein mitzunehmen, ließ ich das gedruckte Telefonbuch endgültig zurück.

Inzwischen ist aber auch das “Schnee von gestern”. Heute holt man sich Telefonnummern bei Bedarf aus dem Web und telefoniert ohnehin mehr mobil als über das Festnetz. Die CD, die es in den letzten Jahren zusammen mit den Telefonbüchern im Eingangsbereich von Supermärkten kostenlos am Wühltisch gab, nimmt deshalb auch kaum noch jemand mit.

Das wiederum schmälert nun aber leider die Auflage und damit den Tausenderkontaktpreis der enthaltenen Anzeigen. Deshalb haben sich die Verlage etwas sehr Cleveres einfallen lassen. Als besonderen Service hängten kürzlich Saisonkräfte die in Plastiktüten eingeschweißten Telefonbücher ungefragt an die Türen in unserem Viertel. Soweit ich es beobachten konnte, sehen die meisten dieser Nachschlagewerke, nie das Innere unserer Wohnungen. Vielmehr wandern sie auf dem kurzen Weg vom Gartentor direkt in die Papiertonne.

Ich finde, dass dies ein erbärmlicher Abgesang auf ein viele Jahrzehnte lang wertvolles Produkt ist. Und mal ehrlich: Irgendwann werden doch auch die Anzeigenkunden dahinterkommen?”